Webguide für Herbert Marshall McLuhan (1911-1980)
von Michael Köhler
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„It has sometimes been said that Marshall McLuhan's most impressive achievement is his reputation; but although most people are familiar with his name, and some know his more dramatic mottoes, only a small section of the reading public is directly acquainted with the main body of his characteristic ideas“, schrieb Jonathan Miller schon 1971 in einem der ersten Bücher über die Theorien McLuhans.
An dem Befund Millers hat sich bis heute wenig geändert. Viele kennen McLuhan dem Namen nach, aber nur wenige seine Theorien - und das dann meist auch nur anhand der gängigsten Bonmots aus McLuhans Feder wie die „Gutenberg-Galaxis“, der „typografische Mensch“, das „Global Village“ und „The medium is the massage“.
Das Erscheinen von McLuhans Büchern fällt ziemlich genau mit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts zusammen: von „The Gutenberg Galaxy: The Making of Typographic Man“ aus 1962 bis zu „War and Peace in the Global Village“ aus 1968.
In die 1960er Jahre fiel auch der Siegeszug des Fernsehens zum Leitmedium öffentlicher Information und Unterhaltung - dramatisiert durch die Berichterstattung über den Krieg der USA in Vietnam. Denn ohne die täglichen Horrobilder aus Vietnam auf den Bildschirmen Amerikas in den Prime-time-Nachrichtensendungen wäre die US-Regierung wohl nicht gezwungen gewesen, den Krieg verloren zu geben. Wie Fernsehbilder solche Wirkmacht entfalten konnten, war für Amerikas politische und wirtschaftliche Elite ein Rätsel - und McLuhan der Mann der Stunde, der des Rätsels Lösung zu besitzen schien. „The Medium is the Message“, erklärte McLuhan im Tonfall eines Orakels, „Das Fernsehen konfiguriert unsere Sinne, unsere Wahrnehmung der Welt neu. Es reduziert die kritische Distanz zu den Ereignissen und verwandelt die Welt durch die unmittelbare Teilnahme der Fernseher an den Ereignissen in ein Globales Dorf.“
Die quasi teilnehmende Beobachtung von Ereignissen in fernen Teilen der Welt involviert den Fernseher auch emotional in die Ereignisse und deren Folgen als die „kühle“, distanzierte Berichterstattung in den Printmedien. Fernsehen wirkt wie eine „Massage“, und das prinzipiell, ganz gleich, worüber es berichtet, was es zeigt.
Damit redete McLuhan einer Untersuchung des Fernsehens das Wort, die im Rahmen heutiger „Media Studies“ zur Selbverständlichkeit geworden ist, damals, in den 1960er Jahren, aber bei vielen Akademikern noch unglaubiges Kopfschütteln hervorrief, wenn er er erklärte: „Das Medium ist die Botschaft“ (und nicht dessen Inhalte).
Dabei hat McLuhan die „strukturalistische“ Analyse der Medien keineswegs erfunden. Das haben andere vor ihm getan. Sein Verdienst war es dann, diese Ideen - vor allem durch sein Buch von 1964 mit dem Titel „Understanding Media“ - in einem Maß zu popularisieren, daß man plötzlich überall auf der Welt von „den Medien“ sprach und den unterschiedlichen Einfluß einzelner dieser Medien (wie Buch, Zeitung, Fotografie, Radio, Film & Fernsehen) auf die Gesellschaft debattierte.
Die ungeheure öffentliche Wirkung, die McLuhan mit seinen Ideen zwischen 1966 und 1970 entfaltete, ist wohl in erster Linie der besonderen Art seiner Rhetorik zuzuschreiben. In seiner Analyse des „typografischen Menschen“ (also des durch die Lektüre von Printmedien sozialisierten) hatte McLuhan hervorgehoben, daß Printmedien linear argumentierendes Denken fordern und fördern. Dagegen fordert und fördert das Fernsehen ein non-lineares, mosaikartiges und assoziatives Denken. Und daran hat sich McLuhan bei der Präsentation seiner Theorien strikt gehalten.
Seine Bücher sind großangelegte Collagen punktueller Analysen und Einsichten. Und seine Forschungsergebnisse präsentiert er nicht als Endprodukt einer Kette stringenter Argumente, sondern als rhetorisch zugespitze Sentenzen wie „The Medium is the Message“.
Solche Sentenzen waren wie geschaffen für die Verbreitung durch das Medium, dessen Analyse McLuhan vorrangig betrieb: das Fernsehen. Und genau diese mediengerechte Zubereitung von ansonsten schwer verdaulicher akademischer Materie hat McLuhan zum ersten Geisteswissenschaftler werden lassen, der zum Medienstar aufstieg und damit eine neue Spezies von Intellktuellen schuf, den Denker-als-Ikone-der-Populärkultur. McLuhans akademische Reputation hat das natürlich stark beschädigt. Bis heute haftet ihm in diesen Kreisen der Ruf eines Paradiesvogels an. Hinzu kommt, daß die heutigen „Media Studies“ weit verfeinerte und historisch besser abgesicherte Aussagen über die Wirkung einzelner Medien machen können als es McLuhan vor mittlerweile vierzig Jahren konnte.
Dennoch lohnt sich eine gelegentliche Re-Lektüre von McLuhans Büchern, meine ich; allein schon, um seinen provokanten, von funkelnden Sentenzen durchsetzten Schreibstil zu genießen, der seinen Nachfolgern meist abgeht.
Die Biografie
Bevor McLuhan zum Medien-Forscher mutiert, war er fast zwanzig Jahre lang Professor für Englische Literatur an der Universität seiner Heimatstadt Toronto gewesen. Wie diese erstaunliche Wandlung zustande kam und wie aus dem - damals selbst in Kanada - unbekannten Akademiker im Nachbarland USA eine Weltberühmheit wurde, liest man am besten auf der offiziellen McLuhan-Homepage nach. Klicken Sie dazu auf den Link www.marshallmcluhan.com/ (McLuhan-Homepage).
Kürzer gefaßte biografische Angaben (mit nützlichen Internetlinks) bietet das Factsheet von PopCultures.com www.popcultures.com/theorists/mcluhan.html.
Die Schriften
Längere Passagen aus McLuhans Büchern und Essays sucht man im World Wide Web erstaunlicherweise vergebens. Die einzige Site mit McLuhan Zitaten, die sich finden ließ, nennt sich „McLuhan Probes“. „Probes“ nannte der Meisterdenker kurze intellektuelle „Bohrungen“ in ein Thema, die auf der danach benannten Website zu Zitaten eingedampft sind, die ob ihrer Kürze eher den Namen „Mediabites“ (Häppchen) verdienen hätten - siehe www.dreamwv.com/probes/.
Als Lernhilfe für den Gebrauch an höheren Schulen muß eine Einführung in das Denken McLuhans schon substantieller ausfallen als die „Probes“-Site oben. Und diesem Anspruch wird der McLuhan Primer von CIOS in vollem Umfang gerecht. Auch er präsentiert nur kurze Zitate aus McLuhans Schriften, aber so sinnfällig organisiert, daß die Umrisse und Kernpunkte von McLuhans Analysen selbst für Schüler rasch zu bgreifen sind - siehe www.cios.org/encyclopedia/mcluhan/index.html.
Trotzdem führt für den, der den Visionär McLuhan wirklich kennenlernen will, kein Weg an der Lektüre der gedruckten Schriften vorbei. Und die sind erfreulicherweise wieder leicht zu besorgen, seit der amerikanische Verlag Gingko damit begonnen hat, alle Bücher McLuhans in hübschen Neuausgaben vorzulegen. Das Programm der Edition erscheint nach Klick auf den Link www.gingkopress.com/_cata/_mclu/0mcl0.htm.
Wie es heute um die Reputation von McLuhans Schriften unter jüngeren Medienhistorikern steht, kann man auf einer Seite aus England nachlesen. Dort sind einige Aufsätze versammelt, die sich kritisch mit dem geistigen Vermächtnis des Kanadiers auseinandersetzen - siehe www.aber.ac.uk/media/Sections/influ02.html.
Und an McLuhans früherer Wirkungsstätte - der Universität von Toronto - hat jemand (der vermutlich McLuhans Sohn ist) eine Internet-Zeitschrift begonnen, die nur Artikel publiziert, die die Denkansätze des Meisters mit heutigem Instrumentarium weiterverfolgen. Das Projekt scheint unmittelbar nach Einführung des Internet begonnen und seit Jahren nicht mehr fortgeführt worden zu sein. Ein Klick auf den Link gleich unten verbindet mit der Startseite dieses Journals.
Den hohen Bekanntheitsgrad des Namens McLuhan haben sich heute
einige Institutionen zunutze gemacht, die ebenfalls Medienstudien betreiben und dies nach eigenen Angaben im Sinne McLuhans tun. Dazu gehören ein Studienprogramm an der Universität von Toronto, McLuhans früherer Wirkungsstätte; ein Global Research Network mit Sitz in Kalifornien und ein Universitäts-Institut in Holland - siehe Links unten:
www.epas.utoronto.ca/mcluhan-studies/mstudies.htm
McLuhan Studies der University of Toronto.
www.mcluhan.ca/
The McLuhan Global Research Network - Startseite.
www.mmi.unimaas.nl/
Maastricht Mc Luhan Institute - Startseite.
01.01.2005
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